Autobahnen ausbauen, ja oder nein?
Interview von Nationalrätin Barbara Schaffner
Für die Zürcher GLP-Nationalrätin Barbara Schaffner steht fest: Wir dürfen nicht wieder und wieder die gleichen Fehler machen und die Verkehrsinfrastruktur für weitere Jahrzehnte zementieren. Sie setzt sich darum für echte, zukunftsfähige Lösungen ein und sagt klar NEIN zum masslosen Autobahn-Ausbau am 24. November.
Barbara Schaffner, im Herbst werden die Stimmenden über den Autobahn-Ausbau entscheiden. Sie engagieren sich für ein Nein am 24. November. Warum lehnen Sie die Vorlage ab?
Seit einem halben Jahrhundert glauben wir, dass wir die Strassen nur genügend ausbauen müssen, um flüssigen Verkehr zu erzeugen und Staus zu verhindern. Doch dieses Rezept hat versagt – in der Schweiz, aber auch weltweit. Wir müssen andere Wege finden, um unsere Mobilitätsbedürfnisse zu befriedigen. Da steht es völlig quer in der Landschaft, dass das Parlament mit dem Vorhaben Le Vengeron-Coppet–Nyon noch eine zusätzliche Milliarde auf das Ausbauprojekt des Bundesrates draufgepackt hat.
Die Gegenkampagne wird vom Gewerbeverband angeführt, der mit den KMU argumentiert. Für diese sei der Ausbau ein Segen, weil die Staus verschwinden würden. Ist das ein Trugschluss?
«Wer Strassen sät, wird Verkehr ernten» Dieses Zitat stammt von Daniel Goeudevert – nicht etwa einem Autogegner, sondern einem Manager, der jahrelang in der Autoindustrie tätig war. Mit Autobahnausbauten kann vielleicht lokal ein Engpass behoben werden, aber dafür staut der Verkehr anderswo.
Insbesondere bringen Autobahnausbauten mehr Verkehr in Städte, Agglomerationen und Dörfer – also genau dorthin, wo die KMU mit Lieferwagen und Montageteams unterwegs sind und wo kein Platz besteht, Strassen zu verbreitern. Der Gewerbeverband handelt also gegen die Interessen der eigenen Mitglieder.
Was wären aus Ihrer Sicht die nachhaltigeren und wirksameren Alternativen zum Autobahn-Ausbau?
Es braucht eine intelligentere und effizientere Mobilität. Die Technologien dazu sind jetzt schon da, oder in naher Zukunft vorhanden. Ich denke da an eine kombinierte Mobilität, in der ich dank digitalen Tools und geteilten Fahrzeugen für jede Wegstrecke ganz bequem das optimale Fahrzeug nutzen kann. Beispielsweise bestimme ich in einer App, wo ich morgen um 10 Uhr sein möchte. Die App sagt mir, wo ich in der Nähe ein Fahrrad für die Strecke zum Bahnhof finde, für die lange Distanz nehme ich den Zug und am Ankunftsbahnhof steht ein Mobility-Auto für die Fahrt aufs Land bereit.
Die Palette der Mobilitätsdienstleistungen wird in nicht allzu ferner Zukunft mit selbstfahrenden Autos ergänzt werden. Diese können das Gesamtsystem effizienter machen, indem sie ein Element der kombinierten Mobilität werden und weil sie einen dichteren Verkehr erlauben.
In früheren Abstimmungen haben Frauen sehr viel häufiger im Sinne der Umwelt entschieden als Männer. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Bei Frauen setzt sich das beschützende Mutter-Gen bei Umwelt-Abstimmungen offenbar öfters durch. Speziell wenn es ums Auto geht, passiert bei Männern eher das Gegenteil. Umso wichtiger ist es, dass Frauen ihr Recht wahrnehmen und an die Urne gehen.